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Wichtig für Mieter und Vermieter bei Prüfung einer fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs ist die Klärung der Frage, ob der Mieter sich tatsächlich „in Verzug“ im gesetzlichen Sinne befindet. Denn dies ist Voraussetzung für das Eingreifen der in § 543 Abs. 2 Nr. 1-3 BGB aufgeführten Kündigungsgründe.
Interessant ist dabei in Zeiten von Hartz IV gerade die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dem die Instanzgerichte folgen, wonach ein Mieter grundsätzlich auch dann in Zahlungsverzug gerät, wenn die vom JobCenter für den Mieter an den Vermieter unmittelbar zu leistenden Mietzahlungen aufgrund eines Versehens des JobCenters ausbleiben. Dies bestätigte jüngst wieder das Landgericht Berlin in einem Urteil vom 24.07.2014 (Az. 67 S 94/14). Unter Bezugnahme auf maßgebliche BGH-Entscheidungen führt das Landgericht Berlin aus, das JobCenter sei zwar im Rahmen der von ihm zu leistenden allgemeinen Daseinsvorsorge nicht gemäß § 278 BGB Gehilfe des Mieters bei der Erfüllung seiner mietvertraglichen Zahlungspflichten, aber die Einschaltung eines Dritten lasse für den Schuldner das von ihm allein zu tragende Risiko unverschuldeten Geldmangels nicht entfallen. Der Mieter habe Zahlungsunfähigkeit auch dann zu vertreten, wenn sie von ihm unverschuldet ist. Denn nach dem auch für einen Wohnraummieter maßgeblichen Prinzip der unbeschränkten Vermögenshaftung, das aus geltendem Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrecht abzuleiten ist, habe jedermann für seine finanzielle Leistungsfähigkeit einzustehen.
Dennoch war im vorliegenden Fall die Kündigung nicht wirksam. Denn, sodass Landgericht, solange der Mieter nicht Kenntnis von dem allein vom JobCenter zu verantwortenden Ausfall der Mietzahlung hat, befinde er sich in einem den Verzug gemäß § 286 Abs. 4 BGB ausschließenden unvermeidbaren Tatsachenirrtum. Danach kommt der Schuldner dann nicht in Zahlungsverzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat. Zu vertreten hat der Mieter gemäß § 276 BGB Vorsatz und Fahrlässigkeit. Dieser Tatsachenirrtum entfalle erst nach Ablauf einer Frist zur Überprüfung der tatsächlichen Grundlagen der Mietschuld. Die Frist zur Nachfrage und Informationsgewinnung gegenüber dem JobCenter sei nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessen, betrage aber mindestens einen Monat. Vorliegend durfte der Beklagte Mieter sich aufgrund des behördlichen Bescheids, mit dem sich das JobCenter ihm gegenüber zur unmittelbaren Direktzahlung der Miete an den Vermieter verpflichtet hatte, darauf verlassen, dass diese auch vollständig und rechtzeitig überwiesen wurde.
Vermieter werden also in entsprechenden Fällen jeweils zu prüfen haben, sicherheitshalber durch schriftliche Kontaktaufnahme mit dem JobCenter, warum Mietzahlungen nicht erfolgten und ob und seit wann der Mieter hiervon Kenntnis hat. Dem Mieter ist zu raten, unverzüglich und nachweisbar zu recherchieren, ob und warum Mietzahlungen tatsächlich nicht erfolgt sind und dafür Sorge zutragen dass diese nachgeholt werden.
Für die Rechtsanwaltskanzlei Wulf & Collegen
Rechtsanwalt Jan Steinmetz
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

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