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Seit mehreren Wochen steigen die COVID-19-Fälle wieder. Die Politik reagiert mit neuen Verordnungen und Gesetzen. Beim Homeoffice stellen sich viele Fragen.

Habe ich gegenüber dem Arbeitgeber einen Anspruch darauf und darf der Arbeitgeber darauf bestehen, dass ich wieder ins Büro komme?

Arbeitsrechtlich ist diese Frage schnell zu beantworten.

Da reicht ein Blick in den Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarungen oder soweit in Geltung den Tarifvertrag. Die COVID-Verordnungen geben dem Arbeitgeber lediglich eine Empfehlung, die ihn nicht verpflichtet, die Mitarbeiter ins Homeoffice zu schicken. Nur in geringen Ausnahmen reduziert sich das Ermessen des Arbeitgebers auf null und es kann sich ein gebundener Anspruch aufs Homeoffice ergeben.

Es geht jedoch um viel mehr.

Corona geht nicht einfach vorbei. Es ist ein Teil unseres Leben. Wir werden damit leben. Ob es nun einer „Durchseuchung“, was für ein unpassendes Wort, bedarf oder eine Impfung hilft, kann heute noch keiner abschließend sagen. Das Virus mutiert, wie jedes Virus dieser Art. Also muss sich das Immunsystem darauf einstellen.

Wir diskutieren jedoch nicht den medizinischen Part. Es ist mir wichtig zu verstehen, dass es nicht darum geht etwas zu überbrücken.

Wir beginnen heute, daran zu arbeiten und zu gestalten, wie die Zukunft des Arbeitens aussieht. Ein Zurück ins alte Arbeiten wird es nicht geben. Genauso wie ein Aussitzen nicht hilft.

Also wie wollen wir in Zukunft arbeiten?

Homeoffice ist sicher zur Zeit ein erster Schritt. Aber ohne einen Wandel der Unternehmenskultur und der gemeinsamen Werte wird es nicht gelingen. Auf gemeinsame Werte und Ziele folgen gemeinsame Regeln und ein Sanktionskatalog für jeden, der diese verletzt.

Es gibt neue Formen der Zusammenarbeit in virtuellen Meetingräumen und Softwarelösungen, die bei der effektiven Gestaltung der Arbeitsabläufe des Einzelnen helfen – Hilfe zum Erkennen der eigenen Effizienz. Zur Zeit besteht eine erhebliche Schere in der Wahrnehmung der Effizienz des Einzelnen zwischen den meisten Arbeitgebern und Mitarbeitern. Hier bedarf es objektivierender Maßstäbe.

Das sind nur wenige Punkte des neuen modernen Arbeitens. Homeoffice ist mehr als ein Remotearbeitsplatz, Laptop und Handy.

Als Übergangslösung mag es reichen, wenn der Arbeitgeber die Hardware und die Software stellt. Aber ist er damit auch zukunftsfähig?

Wenn es am gegenseitigen Vertrauen mangels gleicher Ziele mangelt, wird aus der Übergangslösung ein Auslaufmodel oder der Beginn der Trennung.

Häufig ist der Arbeitgeber schon nicht informiert, finanziell in der Lage oder nicht bereit die gesetzlichen Vorgaben zum Homeoffice zu erfüllen.

Was ist darunter zu verstehen?

 

Lass mich das und die Systematik an 5 häufigen Fragen beantworten.

1. Hat der Mitarbeiter einen Anspruch auf Homeoffice?

2. Muss ich dem Mitarbeiter im Homeoffice neben der Technik auch einen Schreibtisch und einen Bürostuhl stellen?

3. Was ist, wenn die von mir dem Mitarbeiter zur Verfügung gestellten Möbel für den Arbeitsplatz im Homeoffice dem Mitarbeiter nicht gefallen beziehungsweise nicht in seine Wohnung passen?

4. Was ist der Unterschied zwischen Homeoffice und dem mobilen Arbeiten?

5. Kann ich den Mitarbeiter verpflichten, dass dieser bei ihm eingehende E-Mails in einer Frist von 15 Minuten beantwortet haben muss?

Gern kannst du dir den Beitrag auch als Podcast Folge anhören. Gehe dazu einfach auf diesen Link.

 

1. Hat der Mitarbeiter einen Anspruch auf Homeoffice?

Sofern im Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarungen oder tarifvertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien des Arbeitsvertrages ein solcher Anspruch nicht geregelt wurde, hat der Mitarbeiter zur Zeit keinen durchsetzbaren Anspruch auf einen Homeoffice-Arbeitsplatz. Es gibt noch kein Gesetz, welches den Arbeitgeber dazu verpflichtet, einen solches Recht verpflichtend zu gewähren.

Das wird sich sehr wahrscheinlich in den nächsten Monaten ändern. Ändern deswegen, weil die Rufe nach dem Festschreiben eines solchen Anspruchs immer größer werden und Juristen bereits an Gesetzesvorlagen arbeiten. In Ländern wie den Niederlanden ist ein daran angelehnter gesetzlicher Anspruch bereits festgeschrieben worden.

Ein solcher Anspruch auf einen Homeoffice-Arbeitsplatz kann in dieser Coronazeit teilweise dennoch durchgesetzt werden.

Wie dies wirst du dich fragen, wenn es doch keinen Anspruch im Gesetz gibt?

Das liegt daran, dass in den sogenannten COVID-Verordnungen des Bundes und der Bundesländer Handlungsempfehlungen an den Arbeitgeber formuliert wurden. In diesen heißt es zum Beispiel, dass die Arbeitgeber wo immer möglich zur Einschränkung persönlicher direkter Kontakte der Mitarbeiter Homeoffice gewähren sollten.

Da der Arbeitgeber nach dem Gesetz verpflichtet ist, eine regelmäßige Gefährdungsanalyse in seinem Unternehmen vorzunehmen, könnte diese zu dem Ergebnis kommen, dass zur Meidung gesundheitlicher Risiken der Arbeitnehmer, z. B. wenn Hygienekonzepte nicht verlässlich durchsetzbar sind, dem Mitarbeiter ein Homeoffice-Arbeitsplatz gewährt werden muss.

So haben Gerichte schon entschieden, dass ein Mitarbeiter, der in Quarantäne sein muss, einen solchen Anspruch auf Homeoffice hat, wenn dies dem Arbeitgeber zumutbar ist und es keinen anderen geeigneten Weg gibt.

Hier kommt es im Ergebnis immer auf den konkreten Einzelfall an. Die Umstände um das Coronavirus lassen viele unterschiedliche Meinungen und Argumentationen zu. Es gab noch nie so viele Argumente, die für den Homeoffice-Arbeitsplatz sprechen. Das haben auch viele erfolgreiche Unternehmen erkannt. Diese bieten freiwillig Homeoffice für die Mitarbeiter an und unterstützen diesen.

Die großen erfolgreichen Konzerne haben nach der ersten Welle den überwiegenden Teil ihrer Mitarbeiter nicht mehr aus dem Homeoffice zurück geholt. Google, Facebook und Co. haben das Recht auf Homeoffice faktisch schon eingeführt. Diese gehen noch weiter. Sie wollen langfristig die Mehrheit ihrer Mitarbeiter auch in den nächsten Jahren im Homeoffice beschäftigen, gleich einer Pflicht zum Homeoffice.

Was müssen die Parteien des AV beachten, damit die Zusammenarbeit im Homeoffice gelingen kann?

Ganz wichtig, bevor ich zur Beantwortung meiner zweiten Frage komme, Homeoffice bedeutet nicht allein das Stellen der Hard- und Software in der Form des Laptops. Vielmehr müssen neue Prozesse geschaffen werden, die den Austausch unter den Mitarbeitern bzw. Teams, der Führung und den Kunden gestalten. Es müssen neue gemeinsame Regeln bestimmt werden. Ja auch Sanktionen wenn die gemeinsamen Regeln und Werte nicht eingehalten werden. Es müssen Abstimmungen zur Arbeitszeitgestaltung und Erreichbarkeit erfolgen. Es sollte Möglichkeiten zur Eigenkontrolle und Ablaufoptimierung geben und Klarheit, wie weit eine Kontrolle durch den Arbeitgeber erfolgen kann, soll und dies tatsächlich geschieht, z. B. als Konsequenz aus dem Verstoß gegen gemeinsam aufgestellte genannte Regeln.

Diese Punkte greifen in die 2. Frage.

 

2. Muss ich dem Mitarbeiter im Homeoffice neben der Technik auch einen Schreibtisch und einen Bürostuhl stellen?

Hier komme ich zu einem entscheidenden Punkt, der das Homeoffice vom mobilen Arbeiten unterscheidet.

Beim Homeoffice bleibt der Arbeitgeber für die Einhaltung der gesetzlichen Regelung nach dem Arbeitsstättengesetz verpflichtet. Das heißt er muss sicher stellen, dass der Mitarbeiter an einem Schreibtisch mit einem geeigneten Stuhl, rutschfester Unterlage und entsprechender Beleuchtung arbeitet. Im Ergebnis kann der Mitarbeiter all das einfordern, wenn er es nicht alleine sicherstellen möchte oder kann. Der Arbeitgeber haftet bei Nichteinhaltung der Vorgaben gegenüber dem Mitarbeiter oder Dritten.

Beispielhaft und vertieft bin ich auf diese Fragen bereits in meiner Podcast-Folge vom 29. Juni 2020 und meinem YouTube-Video vom 20. Juni 2019 eingegangen. Wenn du dazu mehr wissen möchtest, dann klick auf die entsprechenden Folgen oder diesen Link.

Im Ergebnis ist die Frage 2 also mit JA zu beantworten.

Dies führt mich zur Frage 3.

 

3. Was ist, wenn die von mir dem Mitarbeiter zur Verfügung gestellten Möbel für den Arbeitsplatz im Homeoffice dem Mitarbeiter nicht gefallen beziehungsweise nicht in seine Wohnung passen?

Den Arbeitsplatz, den der Arbeitgeber nach den bereits genannten gesetzlichen Regelungen der Arbeitsstättenverordnung auch im Homeoffice stellt, muss im Ergebnis räumlich, d. h. unter Beachtung der tatsächlichen Gegebenheiten des Arbeitnehmers, erfolgen.

Das bedeutet, dass bestimmte Abstände des Schreibtisches zur Zimmerwand z. B. von 50 cm, wie sie im Büro vorgeschrieben wären, auch in der Wohnung des Mitarbeiters eingehalten werden müssen. Das ist nicht immer einfach und vielleicht in kleinen Wohnungen gar nicht möglich. Da die Vorgaben des Gesetzes jedoch nur in wenigen Ausnahmen außer Betracht bleiben dürfen, wirft das viele weitere Fragen auf, wie z. B. was ist wenn in solchen Ausnahmen Homeoffice nicht möglich ist? Kann der Arbeitgeber in solchen Fällen von der Haftung freistellen, damit dieser ihm Homeoffice gewährt? Wichtig ist in all diesen Fällen, dass diese Punkte zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer besprochen und dokumentiert werden. Der Arbeitgeber muss die gesetzlichen Vorgaben benennen, belehren und die Einhaltung einfordern. Dazu muss er passende Möbel zur Verfügung stellen.

Was der Mitarbeiter nicht verlangen kann, ist, dass die Möbel zum Beispiel farblich zur Einrichtung der Wohnung passen und den Modevorstellungen des Mitarbeiters entsprechen. Hier ist es wie im klassischen Büro und der Arbeitsstätte des Arbeitgebers. Dieser kann die Möbel stellen, die den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Sie müssen nicht den Mitarbeitern gefallen. Sie müssen nicht neu sein und können Gebrauchspuren aufweisen usw.

Jeder kann sich bildlich vorstellen, welche Spielwiesen der Auseinandersetzungen sich aufbauen, wenn sich Mitarbeiter und Chef nicht gewogen sind oder ein modisch, stylisch veranlagter Mensch auf einen kostensparenden Pragmatiker trifft. Solche Spannungen könnten je nach Charakter der Tätigkeit zum Beispiel gelöst werden, indem statt Homeoffice das mobile Arbeiten vereinbart wird.

Das führt mich zur 4. Frage

 

4. Was ist der Unterschied zwischen Homeoffice und dem mobilen Arbeiten?

Der entscheidende Unterschied ist, dass die strengen Regelungen des Homeoffice-Arbeitsplatzes nicht gelten, wenn der Mitarbeiter keinen fest vorgeschriebenen Arbeitsplatz im Büro des Arbeitgebers oder in seiner Wohnung hat. Vielmehr kann der Arbeitnehmer den Arbeitsplatz flexibel wählen. Hier können dem Mitarbeiter die Einhaltung der Vorgaben übertragen werden. Oft wird in diesem Zusammenhang das Stichwort “Coworking Space“ fallen. Das bedeutet, dass sich der Mitarbeiter in spezielle Arbeitsplätze in Räumlichkeiten für Stunden oder Tage, je nach Bedarf, bei einem professionellen Anbieter einmieten kann. Der Vorteil zu einem Arbeitsplatz in einem Café oder auf einer Parkbank ist, dass der Vermieter der Räumlichkeiten die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben einhalten und gewährleisten muss. Das hört sich nicht nur smart für den Arbeitgeber und Arbeitnehmer an, das ist es auch tatsächlich. Hier gibt es einen Blumenstrauß an Vorteilen. Deshalb gehört meiner Meinung nach dieser Arbeitsform die Zukunft.

Wie fast immer ist jedoch bei dieser Arbeitsform eine Abstimmung über die Pflichten und Rechte zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber und den sonstigen Beteiligten des Arbeitsverhältnisses nötig. Als Beispiel sei hier der Datenschutz, Konkurrenzschutzklauseln u. s. w. genannt.

Coworking und mobiles Arbeiten ist so spannend, dass ich dem einen eigenen Beitrag widmen werde.

All diese Arbeitsformen – Office, Homeoffice, mobiler Arbeitsplatz – sind in einem verbunden. Das ist die Frage, wie die Zusammenarbeit und die Einhaltung der abgestimmten oder vorgegebenen Regeln, Ziele, Werte u. s. w. zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber organisiert wird.

Dies ist mit der Antwort zur letzten Frage 5 verbunden.

 

5. Kann ich den Mitarbeiter verpflichten, dass dieser bei ihm eingehende E-Mails in einer Frist von 15 Minuten beantwortet haben muss?

Grundsätzlich hat der Arbeitgeber gemäß § 106 GewO das Weisungsrecht und somit die Organisationshoheit über die Gestaltung der Arbeitszeit und der Tätigkeiten in der Grenze der arbeitsvertraglichen Reglungen.

Früher haben wir immer gesagt, das Weisungsrecht ist die stärkste Waffe des Arbeitgebers.

Heute sind wir weit entfernt von solchen Begrifflichkeiten. Es geht nicht mehr um Waffen, eher um Werkzeuge. Wie arbeiten die Parteien zusammen und welche Werkzeuge werden im Einzelfall genutzt, um das gemeinsame Ziel zu erreichen.

Was ist jedoch, wenn die Vorstellungen zum Erreichen des Ziels unterschiedlich sind? Schlimmer noch, das Ziel bereits nicht das gleiche ist?

Dann wird die überwiegende Anzahl der Arbeitgeber auf das Weisungsrecht zurückgreifen und anweisen.

So kann dies in unserer konkreten Frage geschehen.

Der Arbeitgeber darf dem Mitarbeiter vorschreiben, wann und in welcher Zeit er die Mails beantworten muss.

Er muss zugleich jedoch auch beachten, dass dies tatsächlich möglich ist. Ist dies objektiv nicht möglich, ist die Nichteinhaltung der Anweisung des Arbeitgebers auch kein Pflichtenverstoß. Grundsätzlich darf der Arbeitgeber jedoch die Abläufe vorgeben, so zum Beispiel, dass die E-Mails nur viermal am Tag zu festen Zeiten abgerufen werden sollen und ansonsten das Postfach zu schließen ist und vieles mehr.

Damit kann der Arbeitgeber betriebliche Abläufe strukturieren und vorgeben.

Wie viel Freiraum gewährt wird, ist wie immer eine Frage des Einzelfalls und von vielen Komponenten abhängig. Es dürfte zu großen Teilen auch eine Frage der Unternehmenskultur, der Innovationsfreudigkeit, Kreativität und Tätigkeitsspezifika sein.

Ein erfolgreiches Unternehmen wird diese Prozesse unter Beteiligung der Mitarbeiter gestalten und den Umständen anpassen.

Nur ein Unternehmen, welches sich weiterentwickelt, Vertrauen schafft und Innovation fördert und akzeptiert, dass Veränderung der Motor ist, wird eine Zukunft haben. Dies gilt für das Verhältnis zum Produkt, dem Kunden und erst Recht zum Mitarbeiter, dem eigentlichen Partner des Arbeitsverhältnisses.

Wenn dich dieses Thema interessiert, findest du weitere Informationen und wöchentlich neue Impulse in diesem Podcast:

Behandele deine Mitarbeiter wie deinen besten Kunden. Lebe Partnerschaft und feiere gemeinsame Erfolge.

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