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Ist es „nur“ ein Freispruch oder auch eine „Ehrenerklärung“, wie der Verteidiger des ehemaligen Bundespräsidenten Wulff formulierte; das Landgericht Hannover hat heute in dem Korruptionsprozess den Angeklagten Christian Wulff freigesprochen von dem Vorwurf der Vorteilsnahme. Das ehemalige Staatsoberhaupt war zusammen mit dem Filmproduzenten David Groenewold angeklagt worden. Letzterer hatte 2008, als Wulff noch Ministerpräsident Niedersachsens war, während dessen Besuch des Oktoberfests in München ca. 720 Euro Hotel- und Bewirtungskosten für Wulff übernommen und kurze Zeit später warb dieser beim Siemens-Chef Peter Löscher um Unterstützung für ein Filmprojekt Groenewolds. Nach Auffassung der zuständigen Staatsanwaltschaft ein Fall von strafbarer Vorteilsnahme. Die Anklage gegen Wulf war die erste überhaupt gegen einen ehemaligen Bundespräsidenten.
Vorteilsannahme ist nach dem Strafrecht der Bundesrepublik Deutschland eine strafbare Handlung. Im Gesetz ist dies wie folgt geregelt:
§ 331 Vorteilsannahme
(1) Ein Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter, der für die Dienstausübung einen Vorteil für sich oder einen Dritten fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ein Richter oder Schiedsrichter, der einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, daß er eine richterliche Handlung vorgenommen hat oder künftig vornehme, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Der Versuch ist strafbar.
(3) Die Tat ist nicht nach Absatz 1 strafbar, wenn der Täter einen nicht von ihm geforderten Vorteil sich versprechen läßt oder annimmt und die zuständige Behörde im Rahmen ihrer Befugnisse entweder die Annahme vorher genehmigt hat oder der Täter unverzüglich bei ihr Anzeige erstattet und sie die Annahme genehmigt.
Grundlage der strafrechtlichen Korruptionsdelikte ist die Verknüpfung zwischen der Dienstausübung und einer Zuwendung eines Vorteils durch eine sogenannte Unrechtsvereinbarung, die auch stillschweigend möglich ist. Im Falle der Vorteilsannahme ist kein Bezug zu einer konkreten Diensthandlung nötig, um die Strafbarkeit zu begründen. Schon der Anschein der Käuflichkeit des Amtsträgers soll verhindert werden. Zwischen erlaubter Spendenwerbung durch Amtsträger und der unerlaubten Vorteilsnahme hatte der Bundesgerichtshof schon im Jahr 2004 eine sehr schmale Grenze gezogen. Laut BGH sei die Grenze zur Strafbarkeit bereits überschritten, wenn ein Amtsträger durch Entgegennahme einer Spende „den Eindruck der Käuflichkeit in seiner Amtsführung nach Wiederwahl erweckt“.
Die Staatsanwaltschaft argumentierte, Wulff habe „den bösen Anschein der Käuflichkeit“ erweckt, weil er dienstliche Zusammenhänge nicht klar von privaten Beziehungen trennte und erhob Anklage wegen Vorteilsannahme im Amt.
Die Verteidigung Wulffs trat dem Vorwurf u.a. mit dem Argument entgegen, schon der objektive Tatbestand der Vorteilsannahme sei nicht erfüllt, denn es habe gar keinen Vorteil gegeben. Die von Groenewold in München übernommenen Kosten hätte sich Wulff wegen dienstlicher Termine am Rande ohnehin erstatten lassen können.
Nun sprach das Landgericht Hannover das ehemalige Staatsoberhaupt frei. Die Zweite Große Strafkammer sah es nicht als erwiesen an, dass Wulff illegale Zuwendungen angenommen hat. Schon dass er Kenntnis hiervon gehabt haben müsse, sei nicht zur Überzeugung des Gericht bewiesen. Auch argumentierte der vorsitzende Richter des Landgerichts Hannover in der Begründung des Urteils vom 27.2.2014, es sei höchst unwahrscheinlich, dass Wulff wegen eines so geringfügigen Vorteils ein so hohes Risiko in Kauf genommen habe.
Was teils als „Freispruch Zweiter Klasse“ angesehen wird, weil dieser eben nur aus Mangel an Beweisen und nicht wegen ausdrücklich erwiesener Nichtschuld erfolgte, wird vom ehemaligen Bundespräsidenten, nun fast auf den Tag genau zwei Jahre nach seinem Rücktritt, als juristische Rehabilitation angesehen. Ob diese für den vorliegenden Fall endgültig ist, entscheidet sich erst, wenn die Staatsanwaltschaft entschieden hat, ob innerhalb der gesetzlichen Wochenfrist Rechtsmittel gegen das Urteil des Landgerichts Hannover eingelegt wird.
Für die Rechtsanwaltskanzlei Wulf & Collegen Rechtsanwalt Jan Steinmetz Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

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