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In diesem Beitrag geht es um das aktuelle Thema des Streik und der Bedeutung als Kampfmittel zwischen der Vertretung der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber.

Wieso bezeichne ich den Streik als Waffe? Weshalb wird dies zur Zeit missbraucht?

Ja ich würde noch weitergehen, indem ich fragen würde: „Wieso wird diese Waffe von den Gewerkschaften im Ergebnis gegen die eigenen Leute, die Arbeitnehmer, gerichtet?“

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Du wirst es mit Sicherheit aus den Medien entnommen oder am eigenen Leib gespürt haben. Die Bahn streikt mal wieder. Das allein ist jedoch nicht das besondere.

Was an diesem Streik im August/September 2021 auffällt, ist, dass der aktuelle Streik der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) innerhalb der Mitarbeiter im Unternehmen zu einer Spaltung der Mitarbeiter führt. Es wird von der Vergiftung der Arbeitsatmosphäre berichtet. Das geht soweit, dass Kollegen sich untereinander beleidigen, keine Pausen mehr zusammen machen wollen und auch Arbeitsabläufe, wie die ordnungsgemäße Übergabe an die Folgeschicht verweigert werden.

Was passiert hier eigentlich gerade?

Das Fahrgäste sauer sind, weil Züge ausfallen, zu spät kommen oder einfach nichts mehr geht, ist bekannt. Das innerhalb der Belegschaft im bestreikten Unternehmen diese Form der Spaltung erfolgt, ist eher selten.

Hier geht es nicht um die bekannte Problematik der Streikbrecher. Das wäre noch „normal“ im Rahmen des Arbeitskampf. Da ist es wieder dieses Wort von vielen „ArbeitsKAMPF“ und Streik als „WAFFE“.

Wieso diese Ausdrucksweise?

Das geht auf die gesetzlichen Grundlagen zurück und nun sind wir beim rechtlichen Teil.

Das Arbeitskampfrecht ist ein Teilgebiet des deutschen Kollektivarbeitsrechts. Es befasst sich mit der Zulässigkeit von Maßnahmen des Arbeitskampfes, vor allem Streik und Aussperrung.

Von wenigen Ausnahmen abgesehen ist das deutsche Arbeitskampfrecht im Wesentlichen Richterrecht, das heißt, es wird aus Gerichtsurteilen über die Zulässigkeit von Arbeitskampfmaßnahmen herausgelesen. Diese stützen sich auf den Grundsatz der Zulässigkeit des Arbeitskampfes, der auf der durch die Koalitionsfreiheit in Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz (GG) garantierten Betätigungsgarantie der Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände beruht. Ein ausdrückliches Recht zum Arbeitskampf ist jedoch auch dort nicht erwähnt. Stattdessen wollten die Urheber der Verfassung lediglich Gewerkschaftsverbote verhindern und Arbeitnehmern und Arbeitgebern das Recht gewährleisten, sich auf dem Arbeitsmarkt zu Kartellen zur Durchsetzung ihrer Interessen zusammenzuschließen.

Streik und Aussperrung

Während eines Arbeitskampfs können die Arbeitnehmer streiken, das heißt, sie legen ihre Arbeit nieder, um vom Arbeitgeber die Zustimmung zum Abschluss eines Tarifvertrags zu erzwingen. Früher konnte der Arbeitgeber darauf antworten, indem er alle Arbeitnehmer aussperrte, so dass auch die nicht streikenden Arbeitnehmer (Streikbrecher) nicht arbeiten konnten, folglich auch keinen Lohn erhielten und so gegen die streikenden Partei ergriffen. Bei der Verhältnismäßigkeit der Aussperrung werden mittlerweile äußerst hohe Maßstäbe angesetzt, was dazu beigetragen hat, dass die Aussperrung seit 1985 fast nicht mehr vorkommt. Damit ist der Streik das praktisch einzige Mittel des Arbeitskampfs.

Wer ist eigentlich Partei des sogenannten Arbeitskampfes?

Arbeitskämpfe dürfen nur von den Tarifparteien, also Arbeitgebern und ihren Verbänden auf der einen und den Gewerkschaften auf der anderen Seite geführt werden. Sogenannte wilde Streiks von Belegschaften, die ohne gewerkschaftliche Autorisierung geführt werden, sind rechtswidrig und können zur fristlosen Kündigung der streikenden Arbeitnehmer führen.

Träger des Streikrechts selbst ist jedoch nicht die Gewerkschaft, sondern die Belegschaft.

An einem Streik, zu dem eine Gewerkschaft aufgerufen hat, darf sich daher jeder Arbeitnehmer beteiligen. Es spielt keine Rolle, ob er selbst Gewerkschaftsmitglied ist oder nicht. Auch Auszubildende dürfen für sie betreffende Tarifforderungen streiken.

Auch Betriebsräte sind nicht zum Führen von Arbeitskämpfen berechtigt. Sie und ihre Mitglieder dürfen in dieser Eigenschaft nicht für Arbeitskampfhandlungen tätig werden, zum Beispiel darf das Betriebsratsbüro nicht als Streikzentrale genutzt werden. Eine Teilnahme von Betriebsratsmitgliedern an Arbeitskampfmaßnahmen in ihrer Eigenschaft als Arbeitnehmer und Gewerkschaftsmitglieder ist dagegen zulässig.

Ein Streik kann auch unzulässig sein und vom Gericht verboten werden. Es kommt insbesondere darauf an, welche Ziele mit dem Streik verfolgt werden.

Arbeitskampfmaßnahmen müssen Ziele verfolgen, die in einem Tarifvertrag geregelt werden können. Streiks mit allgemeinen politischen Zielen, Z.B. zur Änderung der Unternehmensstrategie eines Betriebes oder zur Bekundung von Solidarität sind deshalb rechtswidrig. Ein Streik der Pilotenvereinbarung Cockpit gegen die Lufthansa im Jahr 2015 wurde vor Gericht als unzulässig erklärt, da er sich auch gegen unternehmenspolitische Ziele (geplanter Ausbau des der Lufthansa gehörenden Billigfliegers Eurowings) richtete.

Soweit so gut. Alles verständlich. Das sind die Basics, um das zu verstehen was hier passiert.

Sie sind dennoch nicht die Gründe für die besondere Situation, die wir zur Zeit bei der Deutschen Bahn vorfinden.

Der eigentliche Grund, der zu den Spannungen in der Belegschaft der deutschen Bahn führt, ist ein Kampf von unterschiedlichen Gewerkschaften, um die Mitglieder. Das Gewinnen und Halten von Gewerkschaftsmitgliedern ist für die Gewerkschaft selbst existentiell, da sie überwiegend von den Mitgliedsbeiträgen gestützt werden.

Im Jahr 2020 beliefen sich z.B. die Beitragseinnahmen der IG Metall auf rund 591 Millionen Euro. Die Industriegewerkschaft Metall (IG Metall) ist mit über 2,26 Millionen Mitgliedern (Stand 2019) die größte Einzelgewerkschaft in Deutschland.

Die Größe einer Gewerkschaft, gerechnet an den Mitgliedern, ist aber auch aus einem ganz anderen Grund so wichtig geworden. Jetzt kommen wir auch auf eine weitere erhebliche Ursache der Vergiftung bei der Belegschaft der deutschen Bahn.

Das ist der Grundsatz der Tarifeinheit und der Berechtigung von mehreren Gewerkschaften in einem Betrieb.

Das Bundesarbeitsgericht hielt bis 2010 am Grundsatz der Tarifeinheit fest.

Er besagte, dass in jedem Betrieb nur ein Tarifvertrag für die gesamte Belegschaft gelten durfte. Damit war zum Beispiel der Streik der Lokführer-Gewerkschaft GDL 2007 rechtswidrig. Wieso erfährst du gleich.

Genau diese Gewerkschaft, die GDL, ringt im Spätsommer 2021 neben der mitgliederstärkeren Gewerkschaft der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) um den Einfluss bei den Beschäftigten.

Dies ist deshalb so wichtig, weil mit der Aufgabe der Rechtsprechung des BAG zum Grundsatz der Tarifeinheit, der Rechtsraum mit dem Tarifeinheitsgesetz (TEG) gefüllt wurde.

Dieses Gesetz, das seit 2015 gilt, wurde kurz nach einem weiteren Streit der GDL erlassen. Es war auch eine Konsequenz auf das Agieren der GDL und ihrer Führung.

Statt der gewünschten Befriedung und der Gesetzesmotivation, das konkurrierende Gewerkschaften in einem Betrieb enger zusammen arbeiten, passiert bei der Deutschen Bahn das Gegenteil.

Das TEG schreibt vor, das in einem Unternehmen mit konkurrierenden Gewerkschaften nur noch der Tarifvertrag der größeren Gewerkschaft, also der größeren Arbeitnehmervertretung, angewendet werden darf. So sollte der alte Grundsatz „Ein Betrieb – ein Tarifvertrag“ wieder hergestellt werden.

Die Macht der kleineren „Spartengewerkschaften“ wie der GDL sollte eingeschränkt und Missbrauch des Streikrechts vermieden werden.

Der Wunsch, dass sich die Gewerkschaften bei der Durchsetzung der Interessen den Mitarbeiter in einem Betrieb verständigen und die Kräfte bündeln, ist gut für die Mitarbeiter. Er schafft Klarheit in der Verhandlung zwischen den Mitarbeitervertretungen und der Unternehmensvertretung.

Er geht jedoch nicht auf, wenn die Mehrheitsverhältnisse der Gewerkschaften unklar sind und zwischen den Gewerkschaften der Kampf um die Vormachtstellung entbrennt. Dieser Kampf und der aktuelle Streik der GDL geht dann zu Lasten des Unternehmens, der Belegschaft und der Kunden und Partner des Unternehmens.

Die GDL betreibt den Streik im Ergebnis, so meine klare Meinung, lediglich zur Mitgliederwerbung.

Sie will mit zum Teil nicht durchsetzbaren Zielen Mitarbeiter begeistern und zu Mitgliedern machen, die bisher noch nicht Gewerkschaftsmitglieder sind oder bei der größeren EVG Mitglieder sind. Damit will sie ihren Einflussbereich ausweiten.

Dieser Kampf um die Mitarbeiter im Betrieb der Deutschen Bahn ist bei den Beschäftigten angekommen. So stehen sich die Mitarbeiter der beiden Gewerkschaften gegenüber und arbeiten nicht miteinander für ein gemeinsames Ziel sondern gegeneinander. So beschimpfen sie sich, schweigen sich in den Pausenräumen an und agieren gegeneinander.

Das kann das Betriebsklima nur beschädigen und dem Unternehmen schaden.

Hier passiert genau das Gegenteil von dem, was ich ich in diesem und meinem anderen Partnerpodcast „PNI“ seit nunmehr über einem Jahr aufzeige. Erfolgreiche Unternehmen, die Mitarbeiter wie auch Kunden und Partner gewinnen und binden wollen, müssen durch eine gemeinsame Kultur des Miteinander, der gleichen Ziele im Großen und gemeinsamen Werte verbunden sein.

Das kann mit dem Agieren der Parteien im beschriebenen Arbeitskampf nicht gelingen. So wird weder das Ansehen der Deutschen Bahn im Internen noch nach Außen gewinnen noch die gewünschte verkehrspolitische Wende gelingen.

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