Immer wieder bereitet die Auslegung von Testamenten Schwierigkeiten, welche eigenhändig und ohne Einholung eines juristischen Rates geschrieben werden.
Das Oberlandesgericht München hatte sich in seinem Beschluss vom 24.10.2013, Az. 31 Wx 139/13 mit einer Klausel in einer handschriftlichen letztwilligen Verfügung auseinanderzusetzen, welche nach wortgetreuer Auslegung zu einer vollkommen anderen Erbfolge geführt hätte.
Die verheirateten Erblasser setzten sich durch handschriftliches Testament gegenseitig zu Alleinerben ein. Gleichzeitig wurde in dem Testament bestimmt, dass für den Fall des gleichzeitigen (nicht nacheinander) Versterbens der Sohn des Ehemannes Alleinerbe sein sollte.
Zunächst verstarb dann der Ehemann, 3 Jahre später die Ehefrau.
Da die verstorbenen Eheleute keine ausdrückliche Regelung getroffen hatten, welche Erbfolge eintreten soll, wenn sie zeitlich nacheinander versterben, musste durch das Oberlandesgericht München eine Auslegung der letztwilligen Verfügung vorgenommen werden.
Nach einer wortgenauen Anwendung des Testamentes sollte der Sohn nur für den Fall des gleichzeitigen Versterbens Schlusserbe sein.
Nach Ansicht des OLG München lagen jedoch besondere Umstände vor, welche darauf schließen lassen, dass die verstorbenen Eheleute den Begriff des gleichzeitigen Versterbens auch dahingehend verstanden wissen wollten, dass dieser auch das Versterben in einem erheblichen zeitlichen Abstand umfasst. Da die Ehegatten sich gegenseitig in dem Testament die Möglichkeit eingeräumt hatten, nach dem Tod es Erstversterbenden die letztwillige Verfügung abändern zu können, mache diese Klausel nur dann Sinn, wenn auch bei einem Versterben mit zeitlichem Abstand (nacheinander) der Sohn Schlusserbe wird. Anderenfalls wäre die Anordnung einer Abänderungsbefugnis nicht notwendig, wenn die Begrifflichkeit „gleichzeitig“ im Wortsinne ausgelegt werden würde. In diesem Fall müsste dem überlebenden Ehegatten keine Abänderungsmöglichkeit eingeräumt werden, da dann der Sohn nicht alleiniger Erbe geworden wäre.
Im Ergebnis ist festzustellen, dass auch bei anderen handschriftlichen Ehegattentestamenten, insbesondere die Katastrophen- oder Unfallklauseln immer wieder zu Schwierigkeiten führen und von der Rechtsprechung anders ausgelegt werden.
Um böse Überraschungen zu vermeiden, sollte daher vor Abfassen eines handschriftlichen Testamentes eine juristische Beratung erfolgen.
Rechtsanwalt Hendrik Lippmann
Fachanwalt für Familienrecht
für die Rechtsanwaltskanzlei
Wulf & Collegen