Wer als Fahrzeugführer während der Fahrt sein Mobilfunktelefon benutzt und erwischt wird, dem droht das Gesetz 40 € und einen Punkt in Flensburg beim Kraftfahrtbundesamt an.
Oft übersehen wird dabei, als „Fahrzeugführer“ gilt nicht nur der Kraftfahrzeugführer, sondern auch der Radfahrer. Für diesen drohen ein Bußgeld von 25 € und 1 Punkt.
Hinzu kommt, dass die Rechtsprechung den Begriff der „Benutzung“ eines Mobiltelefons sehr weit auslegt. Eine Benutzung liegt nicht nur dann vor, wenn das Gerät zum Telefonieren verwendet wird, sondern auch bei jeder anderen bestimmungsgemäßen Verwendung von Bedienfunktionen. So darf zum Beispiel ein Mobiltelefon beim Autofahren auch dann nicht aufgenommen oder festgehalten werden, wenn es nur als Navigationshilfe benutzt wird.
So entschied das Oberlandesgericht Hamm in einem Urteil vom 18.02.2013 und verwarf damit die „Ausrede“ des Betroffenen, der während einer Fahrt mit seinem Pkw ein Mobiltelefon in der Hand gehalten und auf dieses getippt hatte, um es als Navigationsgerät zu nutzen. Der Kraftfahrer hatte unter anderem eingewandt, das Verbot dieser Vorschrift erfasse nicht die Benutzung des Mobiltelefons als Navigationshilfe. Auch wenn er mit dem Gerät nicht telefoniert, sondern dieses nur als Navigationsgerät genutzt habe, sei dies eine gemäß § 23 Abs. 1a StVO verbotene „Benutzung“, so die Richter des OLG Hamm.
Nach dem Willen des Gesetzgebers solle diese Vorschrift gewährleisten, dass der Fahrzeugführer beide Hände frei habe, um die „Fahraufgabe“ zu bewältigen. Deswegen sei jegliche Nutzung des Geräts untersagt, bei der das Mobiltelefon in die Hand genommen werde.
Die Benutzung schließt nach anderen Gerichtsentscheidungen neben dem Gespräch in öffentlichen Fernsprechnetzen sämtliche Bedienfunktionen wie das Anwählen, die Versendung von Kurznachrichten oder das Abrufen von Daten im Internet etc. ein, z.B. also auch die Benutzung als Organisator, als Notizbuch, als Diktiergerät, zum Auslesen von Daten, wie z.B. einer Telefon-Nr., das Abfragen von Daten auf einem „Palm-Organizer“, wenn die Mobilfunkkarte eingelegt ist, das „Wegdrücken“ eines eingehenden Anrufs, ja selbst das das Halten an das Ohr, um zu hören, ob das Handy ausgeschaltet ist und auch das bloße Ablesen der Uhrzeit vom Display des Handys, wenn dieses dafür in die Hand genommen wird.
Nicht als Benutzung wird angesehen das Halten ans Ohr, um das Handy als Wärmeakku zu benutzen (OLG Hamm VRR 2008, 37).
Demgegenüber gibt es eine Vielzahl von Handlungen, welche der Fahrzeugführer auf dem Rad oder hinter dem Steuer ausüben kann (und darf), die aber offensichtlich dieselben Auswirkungen auf die Aufmerksamkeit des Fahrers und insbesondere darauf haben, ob ihm beide Hände zum Bewältigen der „Fahraufgabe“ zur Verfügung stehen. So ist u.a. die Benutzung eines bloßen Diktiergerätes im Straßenverkehr nicht nach § 23 Abs. 1a StVO bußgeldbewehrt. In Betracht kommen kann insoweit allenfalls ein Verstoß gegen § 1 StVO. Dasselbe gilt auch für ein reines Navigationsgerät. Die Nutzung des Handys als Diktiergerät oder „Navi“ aber unterfällt der verschärft sanktionierten Regelung des § 23 Abs. 1a StVO.
Obwohl nach dieser Regelung auch bereits das Aufnehmen des Mobiltelefons selbst zur Verbringung in die Freisprecheinrichtung verboten ist, hat der Verordnungsgeber der StVO keine Verbote an den Fahrzeugführer auch für folgende Handlungen ein Rad-/Motorrad-/Moped-/Autofahrers ausgesprochen (zitiert aus Amtsgericht Gummersbach Beschluss vom 08.07.2009 Aktenzeichen 85 OWi 196/09):
– das Headset zur Freisprecheinrichtung erst während des Fahrbetriebs anzulegen,
– freihändig zu fahren,
– mit einer Hand oder sogar mit zwei Händen während des Fahrbetriebs bewegliche Sachen im Fahrzeug umzuräumen,
– ein Autoradio von Hand oder auch per Fernbedienung zu bedienen und dabei Gespräche mit einem Mitfahrer zu führen und/oder Musik zu hören,
– während eines Gesprächs mit einer einwilligungsfähigen Beifahrerin an dieser – mit ihrem Einverständnis – sexuelle Handlungen von einiger Erheblichkeit über oder unter ihrer Bekleidung vorzunehmen,
– selbstbefriedigende Handlungen vorzunehmen, soweit sie nicht nach den allgemeinen Strafgesetzen unter Strafe gestellt sind,
– die linke Hand demonstrativ aus dem geöffneten Fenster der Fahrertür baumeln zu lassen und gleichzeitig mit Mitfahrern eine Unterhaltung zu führen,
– als Armamputierter die Fahraufgaben ohne Prothese mit nur einer Hand zu erledigen und gleichzeitig mit Mitfahrern eine Unterhaltung zu führen,
– ein Diktiergerät aufzunehmen und z.B. einen Bußgeldbescheid, eine Anklage oder ein Urteil zu diktieren,
– ein Navigationsgerät aufzunehmen und zu programmieren und dabei Gespräche mit Mitfahrern zu führen und den insoweit digital wiedergegebenen Anweisungen des Gerätes zu folgen,
– einen elektrischen Rasierapparat zu benutzen und dabei Gespräche mit Mitfahrern zu führen,
– ein der Größe eines Mobiltelefons entsprechendes Fernsehgerät zu benutzen und dabei Gespräche mit Mitfahrern zu führen.
Man mag diese Auflistung beliebig erweitern, so dürfen die „Tasten“ eines in der Hand gehaltenen Iphones während der Fahrt nicht bedient werden, diejenigen eines IPads gleichwohl schon. Wo liegt da der Unterschied? Auch wird der weitere Zweck der Vorschrift, der mentalen Überlastung und Ablenkung von der Fahraufgabe entgegenzuwirken, durch die vorstehenden Handlungen ohne weiteres tangiert.
Das Amtsgericht Gummersbach (Beschluss vom 08.07.2009) hielt daher die Vorschrift des § 23 Abs. 1a StVO für verfassungswidrig wegen Verstoßes gegen Artikel 3 GG. Nach dem darin normierten Gleichheitsgrundsatz ist es dem Gesetzgeber verwehrt, ungleiche Sachverhalte gleich und gleiche Sachverhalte ungleich zu behandeln. Es bleibt abzuwarten, ob der Gesetzgeber eines Tages auf die technische Entwicklung reagiert. Bis dahin kann dem Fahrzeugführer, der beim Telefonieren erwischt wird, nur geraten werden, den Weg zum spezialisierten Rechtsanwalt zu gehen, denn nur noch wenige „Ausreden“ können ihn vor einer Verurteilung retten.
Für die Rechtsanwaltskanzlei
Wulf & Collegen
Rechtsanwalt Jan Steinmetz
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht