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Schönheitsreparaturen – Mieters Freud, Vermieters Leid: Farbvorgabe für Mieter ist unzulässig
Der Bundesgerichtshof bleibt seiner Linie in puncto Farbwahlklausel treu und erklärt in seiner Entscheidung vom 22. Februar 2012 erneut eine Schönheitsreparaturklausel für unwirksam.
Der u.a. für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Senat des Bundesgerichtshofs urteilte jüngst, dass auch wenn der Mieter die Wohnung bei Mietbeginn mit einem neuen weißen Anstrich übernommen hat, dieser durch eine Farbwahlklausel nur dann nicht unangemessen benachteiligt wird, wenn sie ausschließlich für den Zeitpunkt der Rückgabe Geltung beansprucht und dem Mieter noch einen gewissen Spielraum lässt. Das Bundesgericht bestätigte damit seine Senatsurteile vom 18. Juni 2008 und vom 22. Oktober 2008.
Im jetzt entschiedenen Fall war die Klägerin vom 1. Juli 2005 bis zum 30. September 2008 Mieterin einer Wohnung des Beklagten, der wie üblich im Mietvertrag die Schönheitsreparaturen im Rahmen eines vorformulierten Mietvertrag auf die Klägerin abgewälzt hatte. Damit galt die Klausel als Allgemeine Geschäftsbedingung und war den strengen Prüfungsmaßstäben für solche unterworfen. Zur Ausführung der Schönheitsreparaturen heißt es in § 13 Ziffer 3 des Mietvertrags:
„Die Arbeiten müssen in fachmännischer Qualitätsarbeit – handwerksgerecht – ausgeführt werden. Der Mieter darf ohne Zustimmung des Vermieters bei der Ausführung der Schönheitsreparaturen bei Vertragsende nicht von der ursprünglichen Ausführungsart abweichen. Das Holzwerk darf nur weiß gestrichen werden, Naturholz nur transparent oder lasiert. Heizkörper und Heizrohre sind weiß zu streichen. Der Anstrich an Decken und Wänden hat in weiß, waschfest nach TAKT, zu erfolgen. Die Verwendung anderer Farben bedarf der Genehmigung des Vermieters, ebenso die Anbringung besonderer Wanddekorationen und schwerer Tapeten.“
Die Klägerin führte am Ende des Mietverhältnisses Schönheitsreparaturen an den Decken und Wänden der Wohnräume durch. Im Hinblick auf die vereinbarte Quotenabgeltungsklausel behielt der Beklagte für anteilige Kosten der Schönheitsreparaturen hinsichtlich der Heizkörper, Innentüren, Keller sowie des Loggiabodens aus der Kaution einen Betrag in Höhe von 650 € ein. Die Klägerin verlangte die ungekürzte Auszahlung der Kaution und berief sich auf die Unwirksamkeit der Schönheitsreparaturklauseln wegen unangemessener Benachteiligung. Sie verlangte im Übrigen für die von ihr durchgeführten Schönheitsreparaturen vom Beklagten Wertersatz in Höhe von 1.036,95 €. Nachdem die Klägerin in den ersten beiden Instanzen (AG Traunstein, Entscheidung vom 17.09.2010 – 312 C 825/09 – LG Traunstein, Entscheidung vom 26.05.2011 – 7 S 3821/10 -) zunächst beim Amtsgericht nur in Höhe von 163,29 € nebst Zinsen, sodann auf ihre Berufung hin beim Landgericht die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von insgesamt 261,24 € nebst Zinsen erreichte, verfolgte sie ihr Begehren mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision weiter. Damit hatte sie Erfolg.
Der Bundesgerichtshof befand, die Schönheitsreparaturen sind im Hinblick auf die vom Beklagten verwendete (unzulässige) Farbwahlklausel nicht wirksam auf die Klägerin übertragen, so dass dem Beklagten anteilige Schönheitsreparaturkosten nicht zustehen und ein Anspruch der Klägerin auf Wertersatz für die am Vertragsende teilweise ausgeführten Schönheitsreparaturen nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung verneint werden konnte. Das Bundesgericht führte aus, dass nach seiner ständigen Rechtsprechung eine Farbwahlklausel den Mieter (nur) dann nicht unangemessen benachteiligt, wenn sie ausschließlich für den Zeitpunkt der Rückgabe Geltung beansprucht und dem Mieter noch einen gewissen Spielraum lässt. Die in diesem Fall vereinbarte Farbwahlklausel wird diesen Voraussetzungen nicht gerecht. Sie gibt dem Mieter – auch für Schönheitsreparaturen während der Mietzeit – einen weißen Anstrich von Decken und Wänden vor und schränkt die Gestaltungsfreiheit des Mieters dadurch in einer Weise ein, die nicht durch berechtigte Interessen des Vermieters gerechtfertigt ist und den Mieter deshalb unangemessen benachteiligt. Nach dem Grundsatz der kundenfeindlichsten Auslegung (§ 305c Abs. 2 BGB) ergab diese, dass die Farbvorgabe „weiß“ – ebenso wie die in § 13 Ziffer 3 Satz 1 geregelte Vorgabe einer handwerksgerechten Qualität der auszuführenden Arbeit – auch für die während der Mietzeit erforderlichen Schönheitsreparaturen gilt und war deshalb der Bewertung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts spielt es laut BGH für die Beurteilung der Wirksamkeit der Farbwahlklausel auch keine Rolle, dass die Wohnung zu Beginn des Mietverhältnisses mit einem neuen weißen Anstrich übergeben worden war. Denn der Vermieter habe grundsätzlich kein berechtigtes Interesse daran, dem Mieter während der Mietzeit eine bestimmte Dekorationsweise vorzuschreiben oder den Gestaltungsspielraum des Mieters auch nur einzuengen. Das berechtigte Interesse des Vermieters beschränke sich vielmehr darauf, die Wohnung am Ende der Mietzeit in einer Dekoration zurückzuerhalten, die von möglichst vielen Interessenten akzeptiert wird und somit einer baldigen Weitervermietung nicht entgegensteht. Diesem Interesse könne, so sehen es die Bundesrichter, der Vermieter jedoch mit einer Klausel Rechnung tragen, die nur für den Zeitpunkt der Rückgabe Geltung beansprucht und dem Mieter noch einen gewissen Spielraum lässt.
Für den hier entschiedenen Fall folgte daraus wegen der unangemessenen Einengung des Mieters in der Art der Ausführung von Schönheitsreparaturen die Unwirksamkeit der Abwälzung der Pflicht zur Vornahme der Schönheitsreparaturen schlechthin.
Der Bundesgerichtshof hat das Urteil daher aufgehoben, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil der Klägerin entschieden hat (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen (§ 563 Abs. 1 ZPO), weil das Berufungsgericht – vor dem Hintergrund der von ihm vertretenen Rechtsauffassung folgerichtig – keine Feststellungen zum Wert der von der Klägerin ohne Rechtsgrund erbrachten Schönheitsreparaturen getroffen hatte.
Für Mieter als auch Vermieter ist diese Entscheidung beachtenswert, da noch in vielen Altmietverträgen ähnlich gestaltete Klauseln schlummern. Mieter sollten sich aber davor hüten, anzunehmen Schönheitsreparaturen seien grundsätzlich nicht mehr auszuführen. Wie so oft kommt es auf die im Einzelfall vereinbarten Regelungen des Mietvertrages an. Vermieter seien durch das Urteil erneut gewarnt, allzu detaillierte Klauseln in ihre Verträge aufzunehmen. Hier gilt der Satz „Weniger ist manchmal mehr!“. Im Zweifel hilft dann nur die Beratung beim Fachanwalt für Mietrecht, um in dem Entscheidungsdschungel über die Vielfalt der Klauselgestaltungen noch den Überblick zu behalten.
Jan Steinmetz
Rechtsanwalt & Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
für die Rechtsanwaltskanzlei Wulf & Collegen

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