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Das Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg hat entschieden, dass ein Mietverhältnis unter Angehörigen nicht fremdüblich und damit steuerlich unbeachtlich ist, wenn u. a. im Mietvertrag keine Regelung über Höhe und Zeitpunkt von Nebenkostenvorauszahlungen enthalten sind, Nebenkosten jahrelang auch nicht abgerechnet wurden, der vermietende Angehörige gleichberechtigten Zugang zu den Mieträumen hatte und das Mietverhältnis teilweise nicht durchgeführt wurde, etwa weil keine Kaution gezahlt wurde. In derartigen Fällen ist sogar von Steuerhinterziehung auszugehen, wenn der Steuerpflichtige wusste, dass das Mietverhältnis einem Fremdvergleich nicht standhält und nicht wie vereinbart durchgeführt wird (Urteil vom 8. März 2012).
Im zu entscheidenden Fall ging es um die Anerkennung von Vermietungsverlusten. Der Kläger hatte an seine Mutter eine zum Wohnhaus umgebaute Scheune vermietet. Dabei war eine monatliche Miete zzgl. Nebenkosten vereinbart, außerdem enthielt der Mietvertrag die Verpflichtung des Mieters, den mitvermieteten Garten zu pflegen. Dieser Verpflichtung war die Mutter nicht nachgekommen. Auch waren keine Nebenkosten abgerechnet worden. Zudem hatte der Kläger uneingeschränkten Zugang zur Immobilie gehabt und diese teilweise als Wochenendhaus genutzt. Die Anerkennung negativer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung lehnt das Finanzamt mit der Begründung ab, es fehle wegen der Selbstnutzung an einer Einkünfteerzielungsabsicht. Außerdem halte das Angehörigenmietverhältnis einem Fremdvergleich nicht statt. Das FG bestätigte die Ansicht des Finanzamtes.
Die Richter entschieden, dass das (behauptete) Mietverhältnis steuerlich unbeachtlich sei. Voraussetzung für die Anerkennung von Mietverhältnissen sei grundsätzlich, dass diese nicht zum Schein abgeschlossen werden. Dies sei der Fall, wenn die Vertragsparteien offenkundig die notwendigen Folgerungen aus dem Vertrag bewusst nicht gezogen hätten. Selbst wenn Angehörigenverträge wirksam vereinbart sind, seien sie steuerlich nur dann zu berücksichtigen, wenn sowohl Gestaltung als auch Durchführung dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen. Dies setze voraus, dass die Hauptpflichten der Vertragsparteien – Mietsache, Miethöhe – klar und eindeutig vereinbart und auch durchgeführt werden. Hierfür trage der Steuerpflichtige die volle Darlegungs- und Beweislast. Diese Anforderungen an Angehörigenverträge rührten daher, dass es innerhalb der Familie typischerweise an einem Interessengegensatz mangele und somit Gestaltungsmöglichkeiten steuerrechtlich missbraucht würden. Daher sei es zulässig, an den Beweis des Abschlusses und den Nachweis der Ernstlichkeit der Vertragsgestaltungen strenge Anforderungen zu stellen. Der Umstand, dass vorliegend bei Mietvertragsschluss keine Vereinbarung über Nebenkosten-Vorauszahlungen getroffen und solche Kosten jahrelang auch nicht eingefordert worden seien, stelle eine gravierende Abweichung von dem zwischen fremden Dritten Üblichen dar. Außerdem spreche das jederzeit mögliche Zutrittsrecht des (familienangehörigen) Vermieters gegen die steuerliche Anerkennung des Mietverhältnisses. Zudem sei das Mietverhältnis teilweise nicht durchgeführt worden: Es fehle an einer Kautionszahlung wie auch der Erfüllung der mietvertraglichen Pflicht zur Gartenpflege. Schließlich sei vorliegend von Steuerhinterziehung auszugehen (§ 370 Absatz 1 Abgabenordnung). Der Steuerpflichtige habe im Rahmen seiner Steuererklärung negative Einkünfte aus Vermietung erklärt, obwohl er wusste, dass das Mietverhältnis in vielerlei Hinsicht einem Fremdvergleich nicht standhalte und tatsächlich nicht durchgeführt wurde.
Sandro Wulf
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für die Rechtsanwaltskanzlei Wulf & Collegen

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