Viele Arbeitnehmer und Arbeitgeber wissen es bereits:
– Gemäß Art. 15 Abs. 1 DSGVO können Arbeitnehmer Auskunft über die verarbeiteten personenbezogenen Daten vom Arbeitgeber verlangen.
– Neben der Auskunft kann jeder Arbeitnehmer nach Art. 15 Abs. 3 S. 1 DSGVO zudem eine Kopie der verarbeiteten personenbezogenen Daten fordern.
– Der Arbeitgeber muss diese Ansprüche gemäß Art. 12 Abs. 3 DSGVO unverzüglich, in jedem Fall aber innerhalb eines Monats nach Eingang des Antrags erfüllen.
Von diesen datenschutzrechtlichen Befugnissen machen Arbeitnehmer zunehmend Gebrauch.
Aber was bedeutet dies ganz praktisch? Wie weit reichen die Auskunfts- und Informationsansprüche eigentlich? Wie geht man als Arbeitnehmer am besten vor? Oder wie verteidigt man sich als Arbeitgeber?
Dazu geben wir einen kurzen Überblick anhand der wichtigsten dazu bislang bekannt gewordenen Urteile.
1. So hat das Bundesarbeitsgericht jüngst mit Urteil vom 27.4.2021 – 2 AZR 342/20 über einen Anspruch auf Erteilung einer Datenkopie entschieden – und den Anspruch abgelehnt. Seine Entscheidung das das Bundesarbeitsgericht jedoch eher mit formalen als mit materiell-rechtlichen Erwägungen begründet. Lesenswert ist das Urteil jedoch im Hinblick auf die Prozesstaktik – und insbesondere die richtige Klageart.
Im Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht hatte der Kläger hatte beantragt,
„die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Kopie seiner personenbezogenen Daten, die Gegenstand der von ihr vorgenommenen Verarbeitung sind, zur Verfügung zu stellen.“
Diesen Antrag hat das Bundesarbeitsgericht als unzulässig erachtet: ihm fehle die hinreichende Bestimmtheit im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Bei einer Verurteilung wäre, so die Richter in Erfurt weiter, unklar, auf welche E-Mails sich die Verurteilung zur Überlassung einer Kopie konkret bezöge. Offen bliebe damit zugleich, ob mit einer Überlassung von in diese Kategorien fallenden E-Mails der geltend gemachte Anspruch erfüllt wäre. Damit würde der Streit der Parteien in vermeidbarer Weise in die Vollstreckung verlagert werden. Um dies zu vermeiden sei der klagende Arbeitnehmer – soweit er selbst zu einer genaueren Bezeichnung außer Stande ist – gehalten, sein Begehren mittels einer Stufenklage (§ 254 ZPO) durchzusetzen. Diese sei in der 1. Stufe zunächst auf Erteilung einer Auskunft zu richten, welche E-Mails der fraglichen Kategorien verarbeitet werden. In der 2. Stufe sei ggf. eine Versicherung an Eides statt, dass die Auskunft zutreffend und vollständig ist, zu fordern. Schließlich sei in der 3. Stufe auf Überlassung einer Kopie der sich aus der Auskunft ergebenden E-Mails vorzugehen.
2. Dies hatte das Landesarbeitsgericht Niedersachsen in der Vorinstanz mit Urteil vom 09.06.2020 – 9 Sa 608/19 noch anders gesehen: Da der Kläger ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, dass es ihm um den E-Mail-Verkehr geht, den er selbst geführt hat, oder in dem er bezeichnet wird, sei der Antrag hinreichend bestimmt.
Allerdings hatten die Richter in Hannover den Anspruch des Arbeitnehmers insoweit beschränkt, als dieser sich lediglich auf solche Daten erstrecke, die dem Auskunft suchenden Arbeitnehmer nicht bereits vorliegen. Dem Kläger sei der E-Mail-Verkehr, den er selbst geführt oder erhalten hat, bekannt. Es fehle daher nach dem Schutzzweck des Auskunftsanspruch an einem Anlass, den gesamten E-Mail-Verkehr zur Verfügung zu stellen. Sinn und Zweck der Auskunftserteilung und Zurverfügungstellung einer Kopie sei es, den betroffenen Personen eine Überprüfung der Datenverarbeitung zu ermöglichen, nicht aber vollständige Kopien aller Unterlagen zu erhalten, in denen personenbezogene Daten über sie enthalten sind.
3. Vor dem Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg stritten die Parteien darüber, ob und in welchem Umfang der beklagte Arbeitgeber (noch) verpflichtet war, dem klagenden Arbeitnehmer bestimmte Informationen über bei der Beklagten verarbeitete verhaltens- und leistungsbezogene Daten des Klägers zu erteilen. Außerdem musst das Gericht seinem Urteil vom vom 17.3.2021, 21 Sa 43/20 über die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger gem. Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO Kopien der leistungs- und verhaltensbezogenen Daten des Klägers, die Gegenstand der Verarbeitung bei der Beklagten waren, zur Verfügung zu stellen, entscheiden.
Das Gericht hielt die Anträge des Klägers, die Beklagte zu verurteilen,
„- dem Kläger Auskunft über die von ihr verarbeiteten und nicht in der Personalakte des Klägers gespeicherten personenbezogenen Leistungs- und Verhaltensdaten des Klägers zu erteilen, im Hinblick auf
– die Zwecke der Datenverarbeitung,
– die Empfänger, gegenüber denen die Beklagte die personenbezogenen Daten des Klägers offengelegt habe oder noch offenlegen werde,
– die Speicherdauer oder falls dies nicht möglich ist, Kriterien für die Festlegung der Dauer,
– die Herkunft der personenbezogenen Daten des Klägers, soweit die Beklagte diese nicht bei dem Kläger selbst erhoben habe und
– das Bestehen einer automatisierten Entscheidungsfindung einschließlich Profiling sowie aussagekräftiger Informationen über die involvierte Logik sowie die Tragweite und die angestrebten Auswirkungen einer derartigen Verarbeitung,
– die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine Kopie seiner personenbezogenen Leistungs- und Verhaltensdaten, die Gegenstand der von ihr vorgenommenen Verarbeitung seien, zur Verfügung zu stellen,“
für zulässig.
Was unter „personenbezogenen Daten“ und „Verarbeiten“ zu verstehen ist, ergebe sich aus Art. 4 Nr. 1, 2 DSGVO. Die Begriffe des „Verhaltens“ und der „Leistung“ sei aufgrund der Rechtsprechung zu § 87 Abs. 1 Ziffer 6 BetrVG hinreichend bestimmt. Eine weitergehende konkretere Benennung der von ihm verlangten Daten sei dem Kläger unmöglich. Deshalb sei auch eine weitergehende Konkretisierung von dem, was er von der Beklagten wolle, unzumutbar. Dies gelte insbesondere deshalb, weil der Kläger gerade nicht weiß oder nicht mehr ohne Weiteres wissen kann, welche verhaltens- und leistungsbezogene Daten seiner Person die Beklagte verarbeitet habe. Dies umfasse auch den Anspruch aus Art. 15 Abs. 3 S. 1 DSGVO.
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Lars Hänig
Rechtsanwalt