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Eine Krankschreibung per Telefon ist ab 7. Dezember 2023 für alle Krankheiten möglich. 

Aus meiner Sicht das falsche Zeichen und die Konsequenzen sind nicht durchdacht. Das nicht deswegen, weil in den Unternehmen die Mitarbeiter fehlen und ein Missbrauch nicht auszuschließen ist, sondern weil es erneut eine Kapitulation des Systems ist. Es fehlen die Ärzte und die altbekannten Standards können nicht gesichert werden. Statt die Versorgung der Bürger zu sichern und die ärztliche Infrastruktur zu stärken, werden die Standards gesenkt. Was bedeutet das für die Parteien des Arbeitsverhältnisses? Wer an Husten, Schnupfen oder Heiserkeit erkrankt ist, kann sich seit dem 7. Dezember 2023 wieder per Telefon von seinem Arzt krankschreiben lassen. Das gilt allerdings nur für Patientinnen und Patienten, die in der Praxis bekannt sind und bei Krankheiten ohne schwere Symptome. Bekannt ist diese Regelung aus und in Verbindung mit der Coronaerkrankung. Mit leichten Abwandlungen soll sie nun dauerhaft gelten. Die Krankschreibung per Telefon ist bei Erkrankungen wie leichten grippalen Infekten dauerhaft möglich. Das hat der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten, Krankenkassen und Kliniken (G-BA) in seiner Sitzung am 7. Dezember 2023 beschlossen.

Wer ist der gemeinsame Bundesausschuss und wieso sollte diesem Gesetzgebungskompetenz übertragen sein?

Der Gemeinsame Bundesausschuss ist das höchste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung im deutschen Gesundheitswesen. Die grundsätzlichen Entscheidungen zum Leistungsanspruch der gesetzlich Krankenversicherten trifft in Deutschland der Gesetzgeber. Er hat den G-BA mit der Aufgabe betraut, den sogenannten Leistungskatalog der Krankenkassen zu konkretisieren. Entscheidungen liegen im Ermessen der Ärztinnen und Ärzte. Damit gilt: Versicherte, die aufgrund einer leichten Atemwegserkrankung arbeitsunfähig sind, können bis zu fünf Kalendertage telefonisch krankgeschrieben werden. Ärztinnen und Ärzte stellen hierfür am Telefon Fragen zu den Beschwerden. Sie entscheiden dann, ob die Krankschreibung telefonisch erfolgen kann oder doch eine Untersuchung in der Praxis nötig ist. Schöne Worte, aber aus der Praxis ist bekannt, dass diese Abfrage weder im Detail noch von den Ärzten erfolgt. Vielmehr telefonieren die Patienten häufiger mit den „Schwestern“. Und „Schwester Gabi“ entscheidet ohne ärztliche Konsultation, dass sie dem Arzt die Bescheinigungen zur Unterschrift vorlegen, soweit nicht schon Blancos im Drucker liegen. Die Krankschreibung kann telefonisch nicht verlängert werden. Wer eine Folgebescheinigung benötigt, muss die Praxis aufsuchen. Wurde die erstmalige Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung jedoch während eines Praxisbesuchs ausgestellt, kann diese Krankschreibung per Telefon verlängert werden. Diese Verlängerungsregelung macht im Ergebnis wenig Sinn. Wenn der Patient und Mitarbeiter länger krank ist, sollte er sich auch beim Arzt vorstellen. Wie sonst sollte geprüft werden, wieso die bisherigen Behandlungsmethoden nicht angeschlagen haben?

Im Übrigen ist nicht jede attestierte ärztliche Diagnose gleichzusetzen mit der Feststellung, dass der Mitarbeiter nicht trotzdem seine Arbeitskraft erbringen kann. Woher soll der Arzt wissen, welche Tätigkeiten der Mitarbeiter bei seinem Arbeitgeber erbringen soll? Nur wenn nach den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen kein adäquater Einsatz möglich ist, kann die ärztliche Diagnose zu einer Arbeitsunfähigkeit führen. Eine pauschale Arbeitsunfähigkeit gibt es nicht. Da der Beweiswert der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ohnehin durch eine Vielzahl von arbeitsgerichtlichen Entscheidungen geschwächt wurde, wird sich diese Tendenz mit der neuen Regelung verstärken. Mit einer Zunahme von arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzungen wird zu rechnen sein. Arbeitgeber werden darauf reagieren, indem sie bei Verdachtsmomenten trotz des ärztlichen Attestes nicht den Lohn zahlen werden, bis der Mitarbeiter die Diagnose offengelegt hat. Du sagst jetzt geht nicht? Der Mitarbeiter muss die Diagnose nicht offenlegen? Oh doch und ob. Wenn du wissen willst, wie das geht, dann schreib uns, zum Beispiel per E-Mail an info@kanzlei.wulf.de, auf Instagram oder Facebook.

Aber weiter zur Änderung der Regelung. Künftig sollen die behandelnden Ärztinnen und Ärzte entscheiden, ob eine Erkrankung leicht ist und die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit telefonisch erfolgen kann oder eine Untersuchung per Video oder unmittelbar persönlich nötig ist. Eine Definition, aus der sich objektive Maßstäbe ergeben, wann von einer leichten Erkrankung auszugehen ist, gibt es nicht. Jeder Arzt/Ärztin wird nach eigenem Gutdünken darüber entscheiden. Es gibt Ärzte, die schneller „Krankschreiben“ und die aufgrund dieser Regelung noch mehr Patienten annehmen können, denen auf deren Darstellung eine leichte Erkrankung diagnostiziert werden kann.

Die Regelungen sind ein Spiegelbild unserer Zeit und Gesellschaft. Es geht nicht darum, wie die Ursachen einer Erkrankung beseitigt werden kann. Vielmehr sollen noch mehr Menschen ohne Arztbesuch zu Hause bleiben können. Jetzt könnte man unken, dass dann die wirklich kranken Menschen nicht so volle Wartezimmer vorfinden, da sie ja bei schwerer Krankheit in die Praxis müssen. Ob sie wirklich schneller eine Untersuchung bekommen oder der Arzt/Ärztin sich mehr Zeit nimmt, darf ernsthaft bezweifelt werden. Jedenfalls dann nicht, wenn der Mediziner die telefonische Beratung ernst nimmt.

Wer krank ist, soll alles dafür tun, dass er schnell gesunden kann. Daran hat der erkrankte Mitarbeiter das gleiche Interesse, wie der Arbeitgeber. Ob und wann eine Unfähigkeit vorliegt, die arbeitsvertraglich geschuldete Leistung zu erbringen, wird der Arzt nach den neuen Regelungen mangels Akzeptanz bei den Arbeitgebern immer häufiger nicht zweifelsfrei bestätigen können. Spannungen dürfen erwartet werden. Idee des Gesetzgebers: Telefonische Krankschreibung entlastet Arztpraxen. Der Bundestag, die Ampelregierung, hatte den G-BA aufgefordert, eine dauerhafte Regelung zur telefonischen Krankschreibung vorzulegen. Denn diese Möglichkeit entlastet Arztpraxen und reduziert für Patientinnen und Patienten die Gefahr, sich in vollen Wartezimmern anzustecken. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bedankte sich beim G-BA, dass dieser den Auftrag des Gesetzgebers „gründlich und schnell“ umgesetzt habe. „Das ist gerade in Infektionszeiten wie jetzt besonders wichtig.“ Diese Begründung erklärt nicht, wieso diese Form der Attestierung der AU auch bei Krankheiten gelten soll, die keinen infektiösen Verlauf haben. Aus meiner Sicht macht die Regelung keinen Sinn und verschärft lediglich Konflikte in der Gesellschaft und den arbeitsvertraglichen Parteien. Da hätte es andere, bessere Möglichkeiten gegeben, wie zum Beispiel die Videotelefonie. Fast jedes Handy hat eine Kamera und hätte eine ernsthaftere Erstuntersuchung erlaubt. So wird den wirklich kranken Menschen nicht geholfen und lediglich Kosmetik betrieben. Die Probleme löst das nicht, eher dient die Regelung dem Gegenteil.

Diesen Beitrag kannst du auch als Podcastfolge hören:

Übrigens: Den „Gelben Zettel“ – die Krankschreibung auf Papier – gibt es nicht mehr. Die Arztpraxis übermittelt die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) automatisch an die Krankenkasse. Der Arbeitgeber kann sie dort elektronisch abrufen. Eine gesonderte Podcastfolge gibt es dazu auch:

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