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Was gilt als Arbeitszeit?

Bin ich wirklich zu spät?

Ist das eine Überstunde?

Diese Fragen kommen immer wieder in unterschiedlichen Konstellationen auf. So auch bei Belinda, die uns geschrieben hat.

In diesem Beitrag möchten wir auf Fragen der Zuhörer des Podcasts Einfach Recht eingehen. Über den aktiven Austausch freuen wir uns immer besonders.

Thema heute: Fragen zur Arbeitszeit und Arbeitszeiterfassung

Arbeitszeit ist zu vergüten. Deshalb ist die Antwort für die Mitarbeiter wichtig, was ist vergütungspflichtige Arbeitszeit. Danach bestimmt sich auch, ob er rechtzeitig die Arbeit aufgenommen hat.

Zugleich ist es für den Arbeitgeber von Bedeutung , ab wann er überhaupt die Zeit als Arbeitszeit erfassen muss und ab wann er Pflichtverletzungen mit Abmahnungen oder Kündigungen belegen kann.

Was darf der Arbeitgeber verlangen und was nicht?

Deshalb ist die Beantwortung dieser Fragen für Arbeitnehmer wie Arbeitgeber gleich wichtig.

Die Fragen von Belinda waren:

  1. Darf der Arbeitgeber anordnen, dass ich 15 Minuten vor dem eigentlichen Arbeitsbeginn bereits in den Räumlichkeiten sein muss, um mich am PC anzumelden, die Programme hochzufahren, Kaffee zu holen, schlicht mich arbeitsfähig zu mache? Sind diese 15 Minuten wirklich keine Arbeitszeit? Das gleiche gilt zum Feierabend. Muss ich dem Arbeitgeber diese 30 Minuten täglich schenken?
  1. Im Arbeitsvertrag geregelt sind 10 Überstunden pauschal im Monat grundsätzlich mit dem Gehalt abgegolten. Darf der Arbeitgeber das?

In diesem Beitrag geht es zunächst um die erste Frage.

Das ArbG Magdeburg hat 2016 entschieden:

„Rüstzeit im Callcenter (Hochfahren des PC, Starten bestimmter Programme, Eingeben von Benutzernamen und Passwörtern (im Einzelfall 10 Min. täglich.) ist Arbeitszeit.“

Auch systembedingte Arbeitsvorbereitungszeiten, wie die Versetzung des Arbeitsplatzcomputers in einen Zustand, der die Aufnahme der geschuldeten Arbeitsleistung ermöglicht (z.B. Hochfahren, etwaige Anmeldungen und Programmöffnungen) – für gewöhnlich unter dem eher bei Soldaten, Feuerwehrleuten und Rettungssanitätern gebräuchlichen Begriff „Rüstzeit“ mit abgebildet stellen vergütungspflichtige Arbeit dar.

Zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit gehören alle Tätigkeiten, die für die Erbringung der Arbeitsleistung erforderlich sind, soweit sie einem fremden Bedürfnis dienen und nicht zugleich ein eigenes Bedürfnis des Arbeitnehmers erfüllen, wie etwa das An- und Ablegen von vorgeschriebener Schutzkleidung oder vorgeschriebener uniformer Firmenbekleidung sowie die Entgegennahme, Abgabe und Herstellung der Einsatzfähigkeit von arbeitsnotwendigen Betriebsmitteln (vgl. etwa BAG 12.11.2013 – 1 ABR 59/12, BAGE 146, 271; 19.09.2012 – 5 AZR 678/11, BAGE 143, 107; 22.04.2009 – 5 AZR 292/08, DB 2009, 1602). Der Kläger ist erst einsatzfähig nach Abschluss der systembedingten Arbeitsvorbereitungszeiten. Er ist verpflichtet, diese durchzuführen, um seine Arbeit aufnehmen zu können und dient damit ausschließlich einem fremden, nämlich dem Bedürfnis der Beklagten.

(ArbG Magdeburg Urt. v. 26.10.2016 – 3 Ca 3220/15)

Hintergrund dieser Entscheidung zu Gunsten des Mitarbeiters ist auch, dass allein der Arbeitgeber die systemseitigen Voraussetzungen schaffen und auch stellen muss. Er trägt hier das Gestaltungsrisiko. Verwendet er zum Beispiel alte PC, die länger zum Hochfahren benötigen, dann hat er auch dieses zeitliche Risiko zu tragen. Gleiches gilt auch für Maschinen in der Produktionshalle und vergleichbare Situationen. Dieser Grundsatz gilt zu Arbeitsbeginn, wie auch zum Arbeitsende. Das bedeutet bei der Frage von Belinda, dass auch die Zeit, die zum Abmelden und Herunterfahren des PC notwendig ist, als Arbeitszeit erfasst und zu vergüten ist. Das ist früher häufig anders bewertet worden und viele Arbeitgeber vertreten fehlerhaft noch immer diese Auffassung. Allerdings haben die Arbeitgeber eine Möglichkeit die Folge dieser Rechtsprechung wieder zu ihren Gunsten umzudrehen. Dies ist durch komplizierte vertragliche Regelungen im Arbeitsvertrag möglich. Das hat unmittelbar mit der Frage 2 von Belinda zu tun. Ist die pauschale Abgeltung von Überstunden mit dem Gehalt zulässig? Diese Frage werden wir im zweiten Teil und somit dem nächsten Beitrag beantworten.

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